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Zweite Aufbaubatterie? Solar? Ladebooster? – Versuch einer Antwort

Hallo,

wenn du dich für einen Kastenwagen interessierst, stehst du irgendwann vor der Frage nach der Stromversorgung (gilt für jedes andere Wohnmobil genauso):

  • Brauche ich eine zweite Aufbaubatterie?
  • AGM oder Lithium?
  • Solar ja oder nein und wenn ja – wieviel?
  • Und was ist mit einem Ladebooster?

In diesem Artikel versuche ich dir einen vereinfachten Überblick zu geben und eine Annäherung über dein eigenes Nutzungsprofil, wie du die Frage für dich beantworten kannst. Und obgleich der Text länger wurde, als ich es vorhatte, kann er die Punkte nicht erschöpfend behandeln und vereinfacht auch bewusst.
Er soll dir aber einen ersten Überblick über die wesentlichen Aspekte verschaffen, damit du mit diesem Grundwissen gezielt weitere Informationen im Netz suchen kannst oder deinen Händler der Wahl gezielt in einem Planungsgespräch auf den richtigen Weg führst.
Weiterführend empfehle ich die Seite amumot.de, hier ist noch weit mehr Detailwissen vergraben. Der Betreiber verkauft und installiert auch, ich bin damit aber in keiner Weise verbunden.

Wenn ich vom „Standard“ spreche, beziehe ich mich auf die Fahrzeuge der Pössl Gruppe, also auch Globecar, Clever, Roadcar. Vieles ist aber in dieser Preisklasse bei den anderen Herstellern mit den gleichen Basisfahrzeugen ähnlich gelöst, so dass die Grundsätze übertragbar sind.

Wie schon gesagt vereinfache ich hier bewusst. Sollte ich aber an einer Stelle einen groben Fehler gemacht haben, freue ich mich über einen korrigierenden Kommentar.

Die schnelle Antwort: zweite Batterie oder Solar?
Den Inhalt des folgenden Texts siehst du in dieser vereinfachten Tabelle, damit du weißt, was dich erwartet. Fahrprofil und Stromverbrauch erkläre ich nachfolgend.

Grundsätzlich – wie wird die Aufbaubatterie  geladen, wenn ich nichts extra bestelle?
Die Aufbaubatterie (eigentlich natürlich ein Akku, aber weil alle von Batterie sprechen, tue ich das hier gleichbedeutend auch) wird grundsätzlich während der Fahrt durch die Lichtmaschine geladen. Hierfür ist im Fahrzeug ein Elektroblock verbaut, der die Spannung der Lichtmaschine an die Aufbaubatterie weiterleitet und auch den Ladevorgang beendet, wenn die Batterie voll ist. In diesem Elektroblock ist auch das Ladegerät, das bei der Verwendung von Landstrom über Kabel die Wechselspannung umwandelt und mit entsprechender Kennlinie zum Laden der Batterie bereitstellt.

Nutzungsprofil – wie will ich meinen Kasten nutzen?
Dein Nutzungsprofil bestimmt, wie viel Strom du verbrauchst und welche Lademöglichkeiten du nutzt.

Stromverbrauch Nutzungsprofil
Grundsätzlich kannst du deinen Stromverbrauch ermitteln, indem du die Leistungsdaten deiner Verbraucher mit der täglichen Nutzungsdauer multiplizierst und daraus eine Summe bildest. Hierfür gibt es diverse Rechner und Listen im Netz, Google hilft da weiter. Aber ein paar „Pauschalaussagen“ treffe ich auch ohne Rechner:

Wenig Stromverbrauch
Du hast einen Gas-Absorberkühlschrank, brauchst ab und zu die Wasserpumpe und lädst dein Handy/Tablet, bist nicht oder wenig den kalten Monaten unterwegs.

  • Dir reicht eine 95  Ah AGM Batterie, wie sie meist im Standard verbaut wird, um 2-3 Tage ohne Landstrom zu stehen.

Mittlerer Stromverbrauch
Du hast einen Kompressorkühlschrank, brauchst ab und zu die Wasserpumpe und lädst dein Handy/Tablet, bist das ganze Jahr unterwegs. Ab und zu willst du deinen Fernseher nutzen.

  • Du kannst mit einer 95 Ah AGM Batterie im Winter eine Nacht autark stehen.
  • Mit einer zweiten, baugleichen Batterie sind es 2-3 Tage

Viel Stromverbrauch
Hier wird es sehr individuell, meist wird die Kaffeemaschine oder der Föhn genannt, aber auch E-Bikes kommen immer öfter zum Einsatz.

  • Du musst rechnen 🙂

Fahrverhalten Nutzungsprofil

Profil „Roadtrip“
Du bist viel unterwegs, das Fahrzeug steht meist nur ein oder zwei Tage am selben Ort. Mal hast du Landstrom, mal nicht, aber eigentlich willst du das Kabel gar nicht auspacken. Und dein nächstes Ziel ist wieder 2-3 Stunden entfernt.

  • Bei wenig oder mittlerem Stromverbrauch empfehle ich eine zweite Aufbaubatterie. Die Fahrzeit von 2-3 Stunden reicht aus, um für die nächsten ein- zwei Tage Strom zu tanken.

Profil „Camper“
Du fährst gerne in den Süden, packst Stuhl und Tisch aus und machst es dir für eine Woche bequem. Oder auch für zwei Wochen 🙂

  • Du hast immer die Möglichkeit, Landstrom zu nutzen oder für dich lohnt sich Solar

Wenn du bis hier gelesen und „mitgedacht“ hast, wirst du der Antwort schon ein ganzes Stück näher gekommen sein. Wenn du als „Camper“ im Wesentlichen am Landstrom hängst, bist du sowieso fertig.
Wenn du aber feststellst, dass du doch Solar oder mehr Batteriekapazität brauchst, will ich dir noch ein paar Gedanken mitgeben:

Wann ist eine Solaranlage sinnvoll, wann eine zweite Batterie?
Bei der Solaranlage hast du den Vorteil, dass deine Batterien immer geladen werden, wenn die Sonne scheint. So banal, so tückisch. Wenn du eine Woche Regen hast, wenn du im Winter fährst, wenn du gerne in die skandinavischen Länder fährst, nutzt dir Solar nur bedingt. Der Ertrag bei tief stehender Sonne oder im Regen ist sehr überschaubar. In allen diesen Fällen ist eine zweite Aufbaubatterie die bessere Investition, wenn du bei geringem bis mittlerem Strombedarf 2-3 Tage autark sein willst und dann wieder längere Strecken fährst.

Wenn Solar – wieviel?
Ist denke ich pragmatisch: machst du es selbst oder lässt du es machen? Wenn du eine Werkstatt beauftragst, ist der Einbau fast gleich teuer, ob du ein, zwei oder drei Solarmodule aufs Dach packst. Also würde ich gleich zwei nehmen, die Mehrkosten sind überschaubar und du hast eine gute Ausbeute.

Brauche ich einen Ladebooster?
Der Ladebooster – korrekt „Batterie zu Batterie Ladegerät“ – ist bei Fahrzeugen mit intelligenter Lichtmaschine sinnvoll, wie es bei den günstigen Kastenwagen ab Modeljahr 2020 (Ducato, Jumper …) der Fall ist. Sie erfüllen die Abgasnorm Euro 6.d-TEMP, die seit 1.9.2019 Pflicht ist und bringen deshalb intelligente Lichtmaschine, Abschaltautomatik, etc. mit. Das bedeutet vereinfacht auch, dass sie nicht geeignet sind, die Aufbaubatterien während der Fahrt ausreichend zu laden. Die Hersteller (Beispiel Pössl, Globecar) verbauen deshalb ab Werk bereits einen Ladebooster, so dass ihr hier keine weiteren Gedanken verschwenden müsst.

Habt ihr ein früheres Modelljahr, wollt also z. B. ein gebrauchtes Fahrzeug kaufen, ist das nicht relevant, hier lädt die Lichtmaschine eure AGM Batterien wie im obigen Text beschrieben. Ein Ladebooster bringt auch deshalb bei AGM keine schnellere Ladung, weil die AGM Batterien immer weniger Ladestrom brauchen, je voller sie werden. Diese Ladekennlinie muss auch der Booster einhalten. Einen Nutzen bringt der Ladebooster jedoch auch bei AGM: er lädt sie voll. Das schafft die Lichtmaschine alleine nicht, da sie die Ladeschlussspannung der AGM nicht erreicht. AGM Batterien sind gerne voll. Ich lade sie deshalb nach jeder Tour wieder an Landstrom. Für das lange Wochenende oder 2-3 Wochen Roadtrip halte ich das für unproblematisch – ist aber keine Wissenschaft, nur meine Einschätzung.
Bei Lithium sieht das anders aus, hier ist ein Ladebooster fast Pflicht. Warum, das kommt jetzt.

AGM oder Lithium – was gibt es zu beachten?
Lithium Batterien sind gerade schwer im Trend, müssen aber anders geladen werden als die AGM Batterien. Zunächst aber die Vorteile der Lithium Batterien: Sie sind leichter bei gleicher Kapazität, können fast die komplette Kapazität abgeben, während AGM Batterien nur zu maximal 50% entladen werden sollen, um eine hohe Lebensdauer zu gewährleisten (AGM ca. 50%, Lithium ca. 90%).

Praktisch heißt das, dass in meinem Beispiel oben anstelle von 2 x 95 Ah AGM auch 1 x  100 Ah Lithium eingesetzt werden können. Darüber hinaus kann den Lithium Batterien dauerhaft ein hoher Strom entnommen werden, was für Föhn oder Kaffeemaschine günstig ist.
Grob kostet die eine Lithium aber auch mindestens doppelt so viel wie die beiden AGM. Da sie aber deutlich mehr Ladezyklen verträgt, ist ihre zu erwartende Lebensdauer deutlich höher. Auch wieder grob gesagt halten AGM 5-7 Jahre, Lithium Batterien können auch 15 Jahre halten, der Preis relativiert sich also. So viele Erfahrungen gibt es da allerdings noch nicht.

Im Zusammenhang mit dem Ladeverhalten der Lithium Batterien ist aber zu beachten, dass sie länger mit höheren Strömen geladen werden können als AGM. Dadurch laden sie deutlich schneller, die Ladeanlage muss dafür aber ausgelegt sein. Und hier kommt wieder der Ladebooster ins Spiel: bei Lithium ist deshalb ein angemessen dimensionierter Ladebooster fast Pflicht. Er lädt einerseits mit einem konstanten Strom die Batterie und begrenzt diesen gleichzeitig, denn durch den geringen Innenwiderstand der Lithium Akkus könnte das standardmäßig verbaute System überlastet werden (wenn nicht ein Batterie-Management-System BMS den Strom begrenzt). Lasst euch entsprechend beraten oder macht euch weiter schlau, das sprengt diesen Artikel.

Lädt meine Starterbatterie mit?
Diese Frage wird immer wieder gestellt: standardmäßig bekommt die Starterbatterie einen Erhaltungsstrom, wenn das Fahrzeug am Landstrom hängt. Das heißt, eine volle Batterie wird sich nicht entleeren, sofern kein Fehler vorliegt oder das Radio dauerläuft. Eine leere Starterbatterie wird jedoch davon nicht wieder aufgeladen.
Die sonstige Elektrik ist für die Aufbaubatterien vorgesehen und betrifft die Starterbatterie nicht.

Meine Erfahrungen habe ich an mehreren Stellen in diesem Blog schon beschrieben, an dieser Stelle aber noch einmal der Hinweis: auch beim Fahrprofil „Roadtrip“ kommt es vor, dass du nur mehrere kurze Strecken zwischen deinen Zielen zurücklegst – bei uns war das während der Loire-Schlössertour durch Frankreich so. Dann reicht die Zeit nicht, die AGM Batterien zu laden, deshalb haben wir uns eine mobile Solartasche zugelegt, um länger autark sein zu können. Das ist also eine mögliche Zwischenlösung, bevor Solar aufs Dach muss (wir waren in den zwei Wochen nicht einmal an Landstrom).

Weitere Artikel, die ich in diesem Zusammenhang verfasst habe:

Solartasche – mobil Energie ernten

Stromversorgung – erste Erfahrungen mit Verbrauch und Ladeverhalten

„Schwarz ist Rot und Plus ist Minus“ – Einbau des Batteriecomputers

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