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Hurtigruten – Ein Traum wird nicht wahr

Hallo zusammen,

diese Reise geht (Spoileralarm: soll gehen) mit dem Postschiff bis in den Norden Norwegens – die „klassische Postschiffroute“ – und ist vom 23.01.2024 – 03.02.2024 geplant. Insofern gehört dieser Bericht „eigentlich“ nicht in die Kategorie unserer Wohnmobil-Tagebücher, aber vielleicht möchte trotzdem jemand mitreisen. Eine andere Webseite für Reiseberichte habe ich nicht 🙂

Wir erfüllen uns mit dieser Tour einen langgehegten Traum – meinen, um genau zu sein. Britta hat es nicht so mit Schiffen, aber sie freut sich tapfer drauf (Reisetabletten sind dabei).

Vorbereitung

Es gibt verschiedene Schiffe und Routen, das lässt sich auf der Homepage der Hurtigruten alles erkunden. Zudem gibt es diverse Reise- und Erfahrungsberichte im Netz. Wir entscheiden uns für die MS Vesterålen, das älteste und kleinste Schiff. Und wir buchen pauschal, lassen uns die An- und Abreise also von Hurtigruten planen. Das bedeutet: Zugfahrt zum Flughafen, Flug von Düsseldorf oder Frankfurt nach Amsterdam, von Amsterdam nach Bergen. Dort mit dem Bus zum Schiff.

Das kann man natürlich auch alles gesondert selbst buchen und so gewiss ein paar Euro sparen, aber uns ist das so lieber, wir haben es nicht so mit dieser Art Zug/Flug Individualplanung, deshalb fahren wir ja so gerne mit dem Kasten 🙂

Hurtigruten bietet auch verschiedene Ausflüge an, wenn das Schiff in einer Stadt mal länger liegt. Wir buchen jedoch nur die Bustour zum Nordkapp. Das ist in meinen Augen zwar etwas „überhyped“, aber, hey, wenn wir schon da sind, machen wir das natürlich auch. Die anderen Ausflüge können wir auch selbst organisieren oder an Bord buchen.

Zur Vorbereitung gehört auch das Kofferpacken. Ist ja einfach, weil wir nur Klamotten „für kalt“ einpacken müssen. Aber da geht es auch schon los. Die Durchschnittstemperatur Ende Januar ist um den Gefrierpunkt, im Wind gefühlt 5-8 Grad kälter. Also gehen wir erstmal los und kaufen warme Unterwäsche, Socken, diverse „Zwiebelschichten“ und auch warme Hosen. Auch einen guten Teil meiner Fotoausrüstung packe ich ein, damit ist mein Handgepäck knapp an der Gewichtsgrenze.

Alternativ
Handgepäck

Für die Fotointeressierten: dabei sind die Nikon Z6II, die Objektive Z24-120 und Z14-30 sowie das Tamron 70-200 mit FTZ Adapter. So ist von Weitwinkel bis zum mittleren Tele alles dabei. Dazu Speicherkarten, Akkus, Ladeequipment, Macbook, Kartenleser, externe SSD für Backups und das Manfrotto Ministativ, das mir  hier im Forum empfohlen wurde. Zudem kommt das Smartphone Pixel 8 pro mit, das eher für die Dokumentation der An- und Abreise zuständig sein wird, Kopfhörer sowie ein paar kleine Powerbanks für den Fall der Fälle. Außerdem habe ich lange überlegt, wie ich Handschuhe und Kamerabedienung in Einklang bringe. Mit den vorhandenen will das alles nicht recht passen, also investiere ich auch noch in die nicht ganz günstigen „Wind Pro Liner“ Fingerhandschuhe von „The Heat Company“. Soviel kann ich vorwegnehmen: eine gute Investition.

Soweit die Vorbereitung. Aber erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt …

Am 22.01.2024 sitzen wir beim Mittagessen, als eine SMS hereinkommt:

Schreck zur Mittagszeit

Da fährt uns erstmal der Schreck in die Glieder. Sturm hatten wir nicht gebucht, und Britta macht sich große Sorgen. Ein Anruf bei Hurtigruten klärt uns auf, dass es Sturm mit Windgeschwindigkeiten um 70 KM/h gibt, da fährt das Schiff nicht bis runter nach Bergen, sondern bleibt in Ålesund. Also fliegen wir dorthin. Heißt, eine Übernachtung in Bergen, noch ein Flug. Na, begeistert sind wir nicht, aber schließlich dient es unserer Sicherheit. Und Hurtigruten managt das alles sehr professionell. Britta stockt den Vorrat Reisetabletten auf.

So sieht das im Windradar aus:

Sturm vor Bergen mit bis zu 70 km/h

Dienstag, 23.01.2024 – Düsseldorf – Frankfurt – Amsterdam – Bergen

Wir planen die Abreise ab Wuppertal Vohwinkel mit der S-Bahn für 6:48 Uhr, damit sollten wir den ICE in Düsseldorf um 7:27 locker kriegen, der uns zum Fernbahnhof in Frankfurt bringt. Ein lieber Freund fährt uns und unsere Koffer dahin.

Die GDL streikt erst wieder ab morgen, der Zug ist laut App pünktlich, aber wir sind so früh da, dass wir eine Bahn früher bekommen, um 6:28. Das soll sich noch als gut erweisen …

Wir sind mal wieder überpünktlich

In Düsseldorf angekommen, zeigt die DB-App, dass unser Zug 37 Minuten Verspätung hat. Hm, das frisst an unserem Puffer für den Flughafen. Ich suche nach Optionen. Und eine nähert sich in dem Moment, als ein anderer ICE neben uns einfährt, der auch über Frankfurt Fernbahnhof geht. Dieser hat seinerseits bereits 33 Minuten Verspätung im Gepäck – und ist dadurch für uns ideal. Nach kurzer Rücksprache mit dem Schaffner steigen wir ein und finden sogar noch Sitzplätze. So fügt sich alles zum Guten und wir sind noch vor der geplanten Zeit am Flughafen. Dort läuft alles entspannt und reibungslos, so dass wir unseren zweiten Kaffee nehmen. Der Stress fällt ab – jetzt wird alles gut 🙂

Angekommen am Flughafen – der Stress fällt ab
„Unser“ Flieger – Cityhopper

Ab jetzt bin ich auch wirklich entspannt, denn nun ist ja irgendwie das Reisebüro der Hurtigruten „in der Pflicht“, da dieser Teil der Pauschalreise konkret von dort gebucht wurde und die die Zeiten somit auch im Blick haben. Es läuft alles gut, die Flüge sind pünktlich, keine Schlangen. Wir kommen gut in Bergen an.

Erster wolkenloser Blick auf Norwegen – irgendwo Nähe Bergen
Bergen? Das wollen wir doch hoffen 🙂
Norwegian Style – keine Zeit zum Ausprobieren
Transfer ins Hotel – die Busfahrerin packt an

Auch der Bustransfer ist perfekt organisiert, so treffen wir wenige Minuten später im Hotel ein. Dort werden wir erwartet und ruhen uns im Zimmer etwas aus, bevor wir zu Abend essen und dann auch in die Betten fallen.

Morgen um 5:00 werden wir wieder abgeholt. So ist es eben.

Mittwoch, 24.01.2024 – Ålesund und Abreise

Wir werden vor dem Wecker wach, hüpfen unter die Dusche und schauen, was das „Grab and Go“ Frühstück kann, das uns ab 4:00 versprochen ist. Nun, der Kaffee ist grottig, das Brötchen etwas gummimäßig, aber von guter Qualität. In Plastik geht’s halt nicht anders.

Frühstücksbuffet. Ach nee, „grab and go“

Das mit dem Kaffee muss am frühen Morgen besser gehen, nach dem reibungslosen Transfer und Checkin gibt es den in lecker bei „Joe the Juice“ am Flughafen. Wenngleich ich das mit dem Bestellen offensichtlich noch üben muss. Der Latte Macchiato sieht eher aus wie ein Espresso Macchiato. Aber er schmeckt 🙂

Americano und Latte Macchiato. Hatte ich zumindest bestellt …
Turboprop für 35 Minuten Flug

Unser Flieger ist diesmal eine kleine Turboprop-Maschine, die uns in ca. 35 Minuten nach Ålesund bringt. Dort erhaschen wir den ersten Blick auf die MS Vesterålen, die Spannung steigt. Noch im Bus bekommen wir unsere Kabinenzuordnung und die ersten Infos. Ich hatte gehofft, falls das Schiff nicht voll ist, noch Wünsche zur Kabine äußern zu dürfen, aber dann eben nicht. Unsere Koffer werden auf das Schiff gebracht, wir machen das mit uns selbst selbst.

MS Vesterålen – die Reise kann beginnen

Was für eine Kabine werden wir haben? Wir bekommen eine mit Klappkletterbett, also quasi Stockbetten. Na gut. Hat den Vorteil, dass wir uns im Raum einigermaßen bewegen können, auch ein Platz für die Koffer findet sich. Immerhin, alles größer als im Drösel. Wir wussten auch ungefähr, was uns erwartet, weil wir ein entsprechendes YouTube Video angesehen hatten. Alles fein.

Die Weitwinkelaufnahme lässt die Kabine größer wirken, aber wir kommen gut zurecht.
Unverbaubare Aussicht
Zweckmäßig
Größer als im Drösel 🙂

Nachdem wir unsere Kabine eingerichtet haben, machen wir einen kleinen Schiffsrundgang und lassen das auf uns wirken. Jetzt geht es also wirklich los? Auf dem Deck atmen wir tief die frische, (gar nicht so) kalte Seeluft und genießen den Moment.

Heute um 20:00 Uhr legen wir ab. Möge die Reise beginnen.

Um 11:00 Uhr ist aber erst die Sicherheitseinweisung – verpflichtend. Anschließend noch ein paar Infos von der Reiseleitung, dann machen wir uns auf ins Städtchen. Spikes für die Schuhe sollen wir auf dringende Empfehlung kaufen, also machen wir das. Apfelsaft und eine Flasche Wasser, dann spazieren wir rund. Den Eintritt ins Museum sponsort Hurtigruten wegen des ausgefallenen Ausflugs, der heute planmäßig hätte stattfinden sollen. Darin lernen wir über den Wiederaufbau der Stadt durch Kaiser Wilhelm II, der nach einem verheerenden Stadtbrand 1904 ein paar Schiffe mit Handwerkern und Baustoffen beladen hat, und die Stadt in drei Jahen im Jugendstil wiederhergestellt hat. Deshalb ist alles aus Stein gebaut – ungewöhnlich für Norwegen. Die bauen sonst eher aus Holz.

Trolle überall. Überall 🙂
Häuser aus Stein. Hier eine Attraktion
Hafeneinfahrt Ålesund
Hafeneinfahrt Ålesund

Auf alle Fälle interessant: wir lernen ein neues Geräusch. Die Autos haben hier Spikes (für die Jüngeren, das sind „Nägel“ in den Reifen, mit denen man auf Eis gut fahren kann). Und das hört sich an, als ob die Fahrzeuge über losen Kies fahren – obwohl da keiner ist. Sehr irritierend 🙂

Zurück auf dem Schiff verbringen wir die Zeit bis zum Abendessen mit weiteren Erkundungsgängen und Gesprächen mit Mitreisenden. Uns werden dann drei Gänge serviert, die von wirklich sehr guter Qualität und sehr lecker gekocht sind. Kurz nach Beginn des Essens, pünktlich um 20:00 Uhr, legt die Vesterålen ab. Leichte Bewegung kommt ins Schiff, aber alles andere als bedenklich. Auch das hilft Britta, Stress abzubauen.

Als letzte Bastion gegen die Seekrankheit kaufen wir anschließend noch „Seabands“. Kleine Armbänder, die durch Akkupressur helfen sollen. Und tatsächlich zeigen diese bei Britta beruhigende Wirkung.

Wir nehmen noch einen Tee mit Plausch in der Panoramalounge – langsam kennen wir uns aus – bevor wir rechtschaffen müde vom langen Tag in die Kojen fallen. Oder klettern.

Donnerstag, 25.01.2024 – Trondheim und lange Seereise (under Construction)

Irgendwann in der Nacht kommt etwas mehr Bewegung ins Schiff. Es knarzt und ächzt, aber es schaukelt mich auch wieder in den Schlaf. Britta schläft durch. Andere Gäste erzählen am Morgen, dass sie damit Last hatten. Generell ist heute der Tag, wo viele mit Seekrankheit zu tun haben, so auch Britta. Aber der Reihe nach.

Das Frühstücksbuffet ist reichlich ausgestattet, wir nehmen uns ausgiebig Zeit und probieren das eine oder andere. Anschließend macht Laura, unsere Reiseleiterin, Programm. Wir bekommen nochmal das Ausflugsangebot für Trondheim vorgestellt, weitere Tagesinfos und immer wieder auch Tipps, welche Motive wir unbedingt fotografieren müssten. Was wir natürlich brav tun. Es ist zunächst die Mönchsinsel, kurz bevor wir um 9:45 anlegen. Hier die Version vom Mittag im Sonnenlicht, morgens war die Insel sehr trist.

Munkholmen – Mönchsinsel

Bevor wir anlegen, bekommen wir den Auftrag, mit der uns entgenkommenden MS Nordkapp ein „Wettwinken“ zu veranstalten. Laura hat dafür einige Flaggen organisiert und motiviert uns entsprechend. Da auf der Nordkapp offensichtlich nicht so eine „verrückte“ Reiseleitung arbeitet, geht der Punkt eindeutig an uns 🙂

Wettwinken

Um 9:45 legen wir in Trondheim an und haben hier drei Stunden Aufenthalt. Es gibt einen Ausflug mit dem Bus, einen geführten Spaziergang und „auf eigene Faust“. Das letzte nehmen wir, ist ja nicht anders, als wenn wir mit dem Womo irgendwo in einer fremden Stadt anlanden.

Die Verftsbrua

Unser Weg führt uns über Brücken durch die Innenstadt bis zum Nidaros Dom, den wir unbedingt anschauen sollen. Also machen wir das. Die Stadt selbst zeigt uns jetzt den eigentlichen norwegischen Baustil, bei dem viel Holz verwendet wird. Damit wird der Kontrast zu Ålesund deutlich.

Unser Weg führt uns über viel Glatteis. Dafür haben wir ja extra die Spikes gekauft. Und auf dem Schiff gelassen. Clever.

Ziemlich alte Pflasterstraße
Auf dem Weg zum Nidarosdom
Der Nidarosdom – sehr sehenswert

Wir eiern über das Eis oder über das Gras, erstehen Eintrittskarten und betreten den Nidaros Dom. Auf unseren Reisen haben wir inzwischen reichlich alte Gemäuer gesehen. Aber dieser Dom toppt das meiste davon.

Hier ist die gotische Bauweise sehr feingliedrig realisiert. Die Säulen haben nichts Schweres, es gibt verspielte Ornamente und die Säulen selbst wirken geradezu filigran. Die Orgeln und der Altar fügen sich harmonisch ein.

Fast filigrane Architektur und aufwändige GlasmalereiVom Nidaros Dom wählen wir den Rückweg über die Alte Stadtbrücke. Der Aberglaube sagt, wer sich unter der Brücke küsst, bleibt für immer zusammen.

Wer schon einmal Bilder von Trondheim gesehen hat, wird die Ansicht der bunten Häuser am Fluss kennen.

Gamle Bybro – die alte Stadtbrücke
Die typische Ansicht von Trondheim – bunte Häuser am Fluss Nidelva

Im Bakklandet ist der Straßenzug, der die Rückseite der bunten Häuser bildet. Hier gibt es interessante Einblicke.

Bakklandet, oder „hinter den bunten Häusern“
Platzsparend

Von hier werden bei besserem Licht (und weniger Gerüsten) die schönen Spiegelungen aufgenommen:

Wir sputen uns einigermaßen, denn wir müssen pünktlich zurück zum Schiff kommen, um 12:45 geht es weiter. Die nächste Etappe geht in Richtung Rørvik, wo wir gegen 21:20 ankommen sollen. Das ist somit der längste Streckenabschnitt auf der gesamten Reise und beschert uns einen fast sonnigen Tag, den wir in weiten Teilen an Deck verbringen. Die gemächliche Fahrt, die wunderschöne, vorbeiziehende Landschaft erzeugen in mir eine sehr tiefe Ruhe.

So gibt es nun ein paar Eindrücke von Deck und von Landschaft. Und der zweite „musst du fotografieren“ Spot. Schön, so eine Motivklingel an Bord 🙂

Safety First
Windgeschützt
Hoher Sonnenstand um 13:53 Uhr
Dauergold
Wo die Sonne hinkommt

Zweites Motivklingelmotiv – Leuchtturm Kjeungskjær

Auch wenn das so glatt aussieht, ein Stück des Weges geht über die offene See, was bei vielen Fahrgästen leider Seekrankheit mit sich bringt. Das Schiff bewegt sich doch mehr als in den Sunden und zwischen den Inseln. So leider auch bei Britta, die auf das Abendessen verzichten muss und sich die ruhigste Stelle im Schiff sucht, um zur Ruhe zu kommen und dann irgendwann ins Bett zu gehen. Die Tabletten helfen gegen Übelkeit, machen aber Müde. Aber die Bewegungen tun Brittas Schwindel nicht gut. Letztlich verbringen wir aber eine ruhige Nacht.

Freitag, 26.01.2024 – Überquerung des Polarkreises, die Taufe und der Trollfjord

Heute ist der Zeitplan etwas durcheinander, die Vesterålen hat Verspätung wegen einer technischen Reparatur. Auf dem Plan stehen neben den diversen Häfen die Überquerung des Polarkreises sowie die entsprechende Polarkreistaufe. Hierfür wird Neptun an Bord kommen.

So richtig haben wir den neuen Zeitplan gestern in der Aufregung um die Seekrankheit nicht mitbekommen, aber es müsste zwischen 7:30 und 8:00 Uhr passieren. Gestern sollten wir unsere Zeitschätzung abgeben, wann wir den Polarkreis überqueren. Der Gewinner erhält ein Andenken. Also stehen wir um 7:00 Uhr auf und gehen zeitig frühstücken. Um 8:20:18 Uhr ist es so weit, aber irgendwie war die Ansage knapp, und bis ich das ganze warme Zeug angezogen habe, komme ich zwei Minuten zu spät. So kann ich den „Polarkreis nur noch von hinten“ fotografieren, die Weltkugel habe ich nicht. Aber es wird ja eine zweite Chance geben 🙂 (Spoiler: gibt es nicht).

Polarkreisüberquerung um 08:18:20 Uhr

Die Landschaft ist atemberaubend. Blau. Es bläst ein kräftiger Wind mit 6-7 Beaufort (meine Schätzung). Ich bleibe einfach an Deck. Die warme Kleidung hat sich jetzt schon gelohnt. Langsam beginnt die Sonne, die Wolken rosa zu bemalen.

Zwischen Nesna und Ørnes bei 6-7 bft
Zwischen Nesna und Ørnes bei 6-7 bft
Die Morgensonne bemalt die Wolken

Ørnes

Unser nächster Hafen ist Ørnes, wo wir jedoch nur 10 Minuten liegen werden. Es dämert langsam und wir können uns an der Landschaft nicht satt sehen.

Anfahrt Ørnes
Kurz vor Ørnes
Ørnes – laut Reiseleiterin eine der schönsten Hafenanfahrten
Fährterminal Ørnes

Polarkreistaufe

Die nächste Station ist Bodø, aber erst wird der Gewinner der Zeitschätzung gekürt und natürlich die Polakreistaufe zelebriert.

Andenken mit Datum und Uhrzeit der Polarkreisüberquerung

Wir müssen uns zu „YMCA“ warmtanzen, bevor das Zeremoniell mit der Rede Neptuns beginnt – vorgetragen von Laura, der Reiseleiterin – Neptun habe es an der Kehle.

Animation auf der Etappe nach Bodø – wir feiern Polarkreistaufe
Feierliche Rede von Neptun rechts im Bild

Wir kriegen Angst – sie haben tatsächlich Eiskübel angeschleppt. Ich hatte die Hoffnung, das gebe es nur im Sommer. Aber sie meinen das ernst. Wichtigster Tipp: T-Shirt aus der Hose ziehen, damit es durchflutscht. Aber … den Trick kennen die Jungs natürlich und so drückt einer die Klamotten am Rücken fest, während Neptun und der Kapitän (links im Bild) mit ihren Kellen die Eiswürfel einfüllen.

Polarkreistaufe – sie meinen es ernst

Jut. Da müssen wir durch. Nein, müssen wir natürlich nicht, aber für uns gehört es einfach dazu. Anschließend legen wir uns trocken, gut, dass wir zwei Garnituren warmes Zeug haben.

Anschließend verbringen wir wieder viel Zeit an Deck. Können uns nicht satt sehen.

Keine rechte Sonne, aber von irgendwo kommt Licht
Zwischen Ørnes und Bodø
Flughafen Bodø

Bodø

In Bodø haben wir zwei Stunden Zeit. Es sei nicht besonders sehenswert, deshalb spazieren wir einfach ein Stück in Richtung Hafen. Hafen geht immer. Diesmal haben wir unsere Spikes an den Füßen und das ist wirklich hilfreich, denn wieder sind viele Wege dick vereist.

Im Hafen von Bodø

Svolvaer

Der nächste Hafen ist Svolvaer, wo wir wieder eine Stunde Zeit haben. Es beginnt zu schneien, aber den Kurzen Besuch sparen wir uns. Es gilt heute fit zu bleiben, denn gegen 23:30 Uhr werden wir in den Trollfjord fahren – mit Schiffsbeleuchtung. Und vielleicht gibt es um 2 oder 3 am Morgen Nordlichter zu sehen – laut Wetterbericht sollen die Wolken aufreißen.

Um 23:00 Uhr serviert das Team einen heißen Tee mit oder ohne Schuss, dazu gibt es Fischkuchen. Also, keine Fischfrikadelle, wie ich irrtümlich glaubte, sondern wirklich so eine Art kleiner Pfannkuchen mit irgendwas von Fisch. Seltsam, aber lecker.

Dann nimmt der Kapitän die Fahrt aus dem Schiff. Wir treiben langsam auf den Trollfjord zu, es schneit ziemlich dicht. Dann werden am Bug zwei Scheinwerfer eingeschaltet und auf die Felsen gerichtet, die die Einfahrt des Fjords bilden. Fototechnisch eine Katastrophe … Schneegestöber, pechschwarze Nacht, zwei Scheinwerfer. Egal, das Ergebnis spiegelt das Erlebnis natürlich in keiner Weise wider … der Schnee piekt im Gesicht, es ist total still, das Schiff stoppt wenige Meter vor den Felswänden … und auch wenn wir eigentlich nicht wirklich was sehen, ist es ein schöner Moment.

Da irgendwo beginnt der Trollfjord
Die schmale Mündung im Schweinwerferlicht
Die schmale Mündung im Schweinwerferlicht

Als das Schiff wieder Fahrt aufnimmt, ziehen wir uns ins Café zurück. Wir breiten die Klamotten zum Trocknen aus, holen ein Getränk und verwarten die Zeit.

Samstag, 27.01.2024 – Warten auf die Nordlichter, Finnsnes, Tromsø und Abbruch der Reise

Um zwei Uhr sind die Klamotten getrocknet, draußen reißt die Wolkendecke auf und es hört auf zu schneien, so gehen wir an Deck. Der Vollmond legt die Landschaft in sein unwirkliches Licht, und da es überall weiß ist, ist es auch nicht richtig dunkel. Wir warten bis 2:30 Uhr, ohne Nordlichter zu sehen, bevor wir uns in die Kojen begeben.

Warten auf Nordlichter

Um kurz nach 8:00 Uhr gehen wir zum Frühstück, um anschließend wieder an Deck die Reise zu genießen. Das Wetter ist wieder bedeckt, Licht will nicht recht durchkommen. Zum Sonnenaufgang gibt es die Flaggenparade. Nein, natürlich keine Parade. Aber die Flagge wird bei Sonnenuntergang eingeholt und bei Sonnenaufgang wieder gehisst.

Wieder an Deck – unterwegs
Unterwegs
„Flaggenparade“ bei Sonnenaufgang

Gegen 10:50 Uhr nähern wir uns Finnsnes. Der Hafen besteht eigentlich nur aus dem Fährterminal und hier wird überdeutlich, wie die Hurtigruten als Verkehrsmittel genutzt werden, so wie bei uns der Bus. Die Passagiere stehen am Kai und warten, bis die Fähre festgemacht hat. Noch während das geschieht, werden Gangway und Rampen heruntergelassen, damit alles schnell gehen kann.

Während die Passagiere wechseln, packt der Gabelstapler ein und aus, und nach wenigen Minuten geht es schon wieder los.

Anfahrt Finnsness
Fährterminal
Wie an der Bushaltestelle
Emsiges Be- und Entladen an jedem Hafen

Um 12:15 kommt eine Durchsage, dass wir uns alle um 12:45 verpflichtend zu einer wichtigen Information in der Lounge versammeln sollen. Es würden Hinweise zum Wetter und zur weiteren Route vermittelt.

Uns schwant Übles, aber dass es so schlimm kommt, haben wir nicht erwartet. Auf dem weg nach Kirkenes ist Sturm angesagt, der Wellenhöhen von 20m mit sich bringt. Insofern wird hier die Schiffahrt eingestellt. Wir werden in Tromsø bleiben, bis das Wetter besser wird, um am Dienstag wieder südwärts die Rückreise anzutreten. Da Tromsø selbst aber bereits mit Schiffen voll ist, werden wir etwas nordwärts in einem Industriegebiet festmachen. Die Reiseleitung bemüht sich um Möglichkeiten des Zeitvertreibs.

Tja. Aus der Traum. Ich finde gar keine Worte für meine Enttäuschung.

Miese Wetterprognose

Laura, die Reiseleiterin, informiert uns über die neuen Pläne. Sie hat einen Bustransfer organisiert, der uns alle 2 Stunden in die und aus der Stadt bringt. Und einen Ausflug zur Rentierfütterung hat sie gefunden, außerdem wird die für heute geplante Schlittenhundefahrt morgen nochmal angeboten. Da das Wetter schlecht ist, sind viele Aktivitäten abgesagt, und um das, was es gibt, bewerben sich mehrere Schiffe.

Mit dieser Nachricht im Kopf versuchen wir dennoch, die Anfahrt nach Tromsø zu genießen. Die Stadt ist zweigeteilt, hier auf unserer Steuerbordseite im Bild die Eismeerkathedrale (Suchbild).

Anfahrt Tromsø mit der Eismeerkathedrale (Suchbild)

Auf unserer Backbordseite Hotels, Hafen, unser Anleger. Dort ist auch die Innenstadt.

Anfahrt Tromsø – die andere Seite

Die Einkaufsmeile von Tromsø

Beim Anlegen in Tønsvik, dem Militär- und Industriehafen nördlich von Tromsø, erleben wir eine dramatische Festmachaktion. Es stürmt und regnet, alles ist eisglatt, und der junge Mann hat erhebliche Schwierigkeiten, die dicken, schweren Taue durch den nassen Schnee zu zerren. Am Ende ist er völlig ausgepowert und endlich kommt der Kollege, der vorn die gleiche Aufgabe hatte, zur Hilfe.

Echtes Drama beim Festmachen

Wir entscheiden uns, morgen den Bus zur Eismeerkathedrale zu nehmen und buchen für Dienstag die Rentierfütterung – mehr gegen den Lagerkoller. Hätte ich sonst eher nicht geplant – ist auch kein Schnapper.

28.01.2024 – Tromsø/Tønsvik, Eismeerkapelle und Leben auffm Schiff

Nach dem Frühstück findet nochmal eine Infoveranstaltung mit den Details statt. Bis wir in den Bus steigen, vertreiben wir uns die Zeit an Deck und lassen uns den Graupel um die Ohren pusten oder sitzen im Café. Auf einen freundlichen Vorschlag von Britta organisiert Laura noch freien Tee und Kaffe während der Liegezeit. Eine kleine Geste zur Besänftigung der Gemüter.

Aussicht für die nächsten Tage
Aussicht – andere Seite
Aussicht noch ’ne Seite
Wenn ich nicht hier bin, bin ich auf dem Sonnendeck. Bin ich, bin ich

Wir nehmen den Bus um 13:00 Uhr zur Eismeerkathedrale. Die keine Kathedrale im Sinne einer Bischofskirche ist, sondern eine evangelisch-lutherische Pfarr- und Seemannskirche. Aber eben auch Wahrzeichen der Stadt Tromsø. Von dort laufen wir über die Tromsøbrua wieder zurück in die Stadt, wo wir um 15:00 wieder abgeholt werden.

Ab in die Stadt
Eismeerkathedrale von der Tromsøbrua aus gesehen (Brücke über den Sund)
11 Tonnen Glas für das Mosaik
Schon die zweite Orgel … die erste ist unter dem eigenen Gewicht zusammengebrochen

Zurück an Bord bastele ich an diesem Text, andere laufen über das Schiff und suchen bestimmte Orte, die auf einem Spielplan aufgelistet sind. Beschäftigungstherapie.

So vergeht die Zeit … abends ein Filmchen über den norwegischen Polarforscher Roald Amundsen mit Popcorn. Morgen bisi Animation …

Montag, 29.01.2024 – Sturm abwettern in Tromsø/Tønsvik

Auch die letzten Bustransfers werden heute gestrichen, es ist selbst für die Busse zu gefährlich bei diesem Wetter.

Es wird noch nicht besser

Das Team ist weiter damit beschäftigt, uns bei Laune zu halten, und so dürfen wir der Brücke einen Besuch abstatten, wo wir interessante Details über das Schiff und die Navigation erhalten. Interessant schien mir, dass sie auf der Brücke wachsam sein müssen, obwohl der Computer eigentlich die immer gleiche Route gut selbstständig steuern kann. Aber leider ignoriert er entgegenkommende Schiffe. Also sorgt die Crew dafür, dass es nicht zur Kollision kommt 🙂

Käpt’n auf Brücke
Steuern mit dem kleinen Finger

Draußen scheint sich der Sturm seinem Höhepunkt zu nähern. Es bläst mit 8, in Böen 9 Beaufort. Bilder geben das immer unzureichend her, aber der Wind bläst die Gischt von den Wellenkämmen. Hier sind wir noch von den umgebenden Bergen geschützt, deshalb können sich keine großen Wellen auftürmen, aber draußen spricht man von 20m.

Um 9 bft …

Der Busverkehr in den Norden wird eingestellt, Schulen geschlossen. Das ist auch für die wettererprobten Norweger nicht mehr „normal“. Unsere Transferbusse fahren ab Mittag auch nicht mehr in die Stadt, die Gäste, die bereits dort sind, werden aber natürlich wieder abgeholt. Unser Schiff wird immer etwas „an der langen Leine“ gelassen, damit es sich bewegen kann. Wenn Passagiere an Bord sollen, wird es wieder angeholt. Aber da der Wind so auf das Schiff drückt, schaffen es Maschinen und Winden nicht, den Abstand zum Kai so weit zu verringern, dass die Gangway bis ans Ufer reicht. So muss dann die große Ladeluke geöffnet werden – die reicht weiter -, um die Gäste an Bord zu holen. Das ist auch für die Crew das erste Mal.

Dienstag, 30.01.2024 – Keine Rentierfütterung, Museum in Tromsø

Für heute ist der Ausflug zu den Rentieren geplant, den wir noch gebucht haben, um mal wieder vom Schiff herunterzukommen. Um 12:00 Uhr geht es mit dem Transferbus in Richtung Tromsø, von wo uns ein weiterer Bus zur Rentierfütterung bringt. Bringen soll. Denn plötzlich klingelt Lauras Telefon –  die Tour wird wegen schlechten Wetters abgesagt. Warum wundert mich das nicht? Da passt doch mal wirklich das Jürgen Wegmann Zitat: „Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu“.

Aber nun sind wir schon unterwegs, also gehen wir ins Polarmuseum und verbringen dort die Zeit mit Robben- und Walrossjagd, in der Arktis überwinternden Jägern und den Abenteuern der Polarforscher Roald Amundsen und Friedtjof Nansen, bis wir wieder abgeholt werden.

Am Abend sollen wir gegen 19:00 Uhr ablegen, um gemäß Fahrplan am Hurtigruten Anleger in der Stadt festzumachen. Dort haben wir Gelegenheit, ein Mitternachtskonzert in der städtischen Kathedrale zu hören. Das wollen wir uns sparen.

Aber es kommt nochmal anders. Kurz vor dem Abendessen bekommen wir die Nachricht, dass die Tour aus Sicherheitsgründen komplett abgesagt wird. Komischerweise trifft uns das inzwischen kaum noch … aber jetzt beginnt die Phase der Information zu Umbuchungen, Flügen, Hotels … Gästen, die über Rückerstattung spekulieren … die Details spare ich mir hier. Nur soviel: das Team informiert uns wieder professionell, irgendwie kriegen die das alles hin und bleiben dabei immer freundlich. Insofern würden wir immer wieder bei Hurtigruten buchen.

Aber jetzt beginnen zwei Tage, die im Wesentlichen aus Warten bestehen. Warten auf den Bus zum Flughafen. Warten auf den Flieger nach Oslo. Transfer in’s Hotel in Oslo. Dann das Gleiche nochmal nach Frankfurt und dann Wuppertal. Und dann die Erstattungen beantragen …

Fazit

Was bleibt als Fazit? Das Schiff hat uns gut gefallen, die Crew und besonders die Reiseleitung war super. Die Kommunikation und Geschwindigkeit des Hurtigruten Reisebüros war super. Und wir sind dadurch vergleichsweise schnell weggekommen. Die Gäste, die über andere Reiseveranstalter gebucht hatten, mussten ihre Originalflüge für die Rückreise nehmen und wurden bis dahin in Oslo oder Trondheim in Hotels untergebracht.

Der Sturm „Ingunn“ schafft es in sämtliche Nachrichten, so ein Wetter habe es seit 30 Jahren nicht gegeben. Wind mit über 200 km/h.

Wir haben gelernt, dass wir – im Besonderen Britta – die ruhige Schifffahrt „aushalten“. Wir werden die Reise wiederholen. Dabei etwas weniger einpacken. War also insofern eine Studienreise.

 

+++ Ende

3 Kommentare

  1. Irene Hinderkinck Irene Hinderkinck

    Das tut mir sehr leid für euch,macht das Beste draus. Tromsø waren wir mit Womo 2.1/2 Tage.

    • admin admin

      Das machen wir. Vielleicht wiederholen wir das noch mal.

  2. Irene Hinderkinck Irene Hinderkinck

    gerade im Wetterbericht vor 20.00 Uhr wurde extra auf das Sturmtief,welches auf Norwegen treffen wird hingewiesen.Ich denke viel an euch.
    Ganz schön abenteuerlich. Kommt gut und gesund zurück 😘

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